Vergewaltigung verurteilen – Für eine Reformierung des §177 StGB
Die deutsche Rechtslage: Das Problem mit dem §177 StGB
Das deutsche Strafrecht setzt bei einer Vergewaltigung eine Nötigung des Opfers voraus. Das bedeutet, die sexuelle Handlung muss entweder mit Gewalt, durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, oder unter Ausnutzung einer schutzlosen Lage der Betroffenen erzwungen worden sein.
Konkret heißt das, dass es nicht ausreicht, wenn eine Frau ausdrücklich und mehrfach Nein sagt oder vielleicht auch weint. Die Betroffenen müssen sich körperlich wehren bzw. nur dann nicht körperlich wehren, wenn konkrete Gewaltdrohungen ausgesprochen wurden oder sie dem Täter schutzlos ausgeliefert sind.
Durch die enge rechtliche Auslegung der „schutzlosen Lage“ werden zahlreiche sexuelle Übergriffe strafrechtlich nicht verfolgt. Denn es bleibt unberücksichtigt, dass häufig die gesamte Situation einer Vergewaltigung für Betroffene bedrohlich wirkt und sie sich ohnmächtig und hilflos fühlen. Betroffene befürchten lebensbedrohliche Verletzungen und haben Angst, oft ohne dass der Täter konkrete Drohungen aussprechen muss. Viele lassen die Tat ‚wie erstarrt‘ über sich ergehen. In der Praxis heißt das, dass es Fälle gibt, in denen beweisbar ist, dass ein Täter sexuelle Handlungen gegen den Willen einer Person durchführte, die derzeitige Rechtslage eine Verurteilung aber nicht erlaubt, weil nicht alle Voraussetzungen des §177 des Strafgesetzbuchs erfüllt sind. So hat das oberste deutsche Gericht, der Bundesgerichtshof, im Jahr 2006 folgendermaßen einen Freispruch in einem Vergewaltigungsfall begründet und mit seiner Auslegung des §177 StGB Standards für alle weiteren deutschen Gerichte gesetzt: „Die knappen Feststellungen, nach denen der Angeklagte der Nebenklägerin die Kleidung vom Körper gerissen und gegen deren ausdrücklich erklärten Willen den Geschlechtsverkehr durchgeführt hat, belegen auch nicht die Nötigung des Opfers durch Gewalt. Das Herunterreißen von Kleidung allein reicht zur Tatbestandserfüllung nicht aus.“
Im November 2015 wurden die gesammelten Unterschriften der Petition in einer großen Aktion des Bundesverbandes Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe ans Bundesjustizministerium übergeben.